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Elon Musk: Götzendämmerung oder Meinungsfreiheit à la Carte


Elon Musk

Elon Musk hat etwas mit seinen Autos gemein: Beide neigen dazu, unvermittelt zu explodieren – sei es in den sozialen Medien oder auf der Straße.

Der jüngste Knall ereignete sich in der Weihnachtszeit, als bekannt wurde, dass Sriram Krishnan, ein Investor mit indischen Wurzeln, Donald Trumps neuer Chefberater für KI-Fragen werden soll. Krishnans Forderung die H-1B Arbeitsvisa auszuweiten, um mehr hochqualifizierte Fachkräfte in die USA zu holen, löste scharfe Kritik bei Vertretern der „America First“-Bewegung aus. Diese befürchten nicht nur eine Gefährdung amerikanischer Arbeitsplätze, sondern auch, dass die Arbeitsvisa, die oft verlängerten werden, langfristig den Familiennachzug begünstigen könnten. Zu den prominentesten Kritikern zählt Steve Bannon, Trumps ehemaliger Chefstratege, der Elon Musk als „wirklich bösen Kerl“ bezeichnete und ihm vorwarf, das Einwanderungssystem zu seinem eigenen Vorteil auszunutzen.

Noch überraschender als die Debatte selbst war allerdings Musks unmissverständliche Unterstützung für Krishnan. Gemeinsam mit Vivek Ramaswamy, seinem designierten Co-Leiter des „Department of Government Efficiency“, sprach er sich klar für eine verstärkte Zuwanderung von Fachkräften aus. Anstatt sich jedoch einer sachlichen Auseinandersetzung mit den Kritikern zu stellen, gingen die Reaktionen in Form teils scharfer und wenig diplomatischer Angriffe weit über den Argumentationsrahmen hinaus. 

Diese Debatte beleuchtet damit nicht nur die Spannungen innerhalb des republikanischen Lagers – insbesondere die Kluft zwischen den Vertretern der Technologiebranche, die auf hochqualifizierte ausländische Arbeitskräfte angewiesen sind, und dem patriotischen Flügel, der eine restriktivere Einwanderungspolitik fordert –, sondern wirft auch ein Licht auf die eigentlichen Ziele von Elon Musk.

Noch auf Twitter“ (jetzt „X“) sahen sich Kritiker mit teils drastischen Konsequenzen konfrontiert: manipulierte Abonnentenzahlen, Sanktionen oder sogar Account-Sperrungen. Dies spiegelt sich auch in Musks Ernennung von Linda Yaccarino zur neuen Geschäftsführerin wider, deren Prioritäten auf Reichweitenmaximierung, Definitionsmacht und der Vermeidung negativer Presse zu liegen scheinen. Angesichts von fortbestehenden Zensurmaßnahmen stellt sich jedoch die Frage, inwieweit Musks Selbstdarstellung als „Retter der Meinungsfreiheit“ gerechtfertigt ist: Shadow Bans bleiben ein Thema, und die Wiederherstellung gesperrter Accounts erfolgt nur schleppend.

Zudem haben nicht wenige Nutzer mit woker, linker oder liberaler Haltung die Plattform verlassen oder ihre Aktivitäten dort deutlich reduziert, während Accounts aus dem rechten Spektrum – darunter Vertreter der „Alt-Right“ wie Jared Taylor – nur zögerlich wieder freigeschaltet wurden. Andere, wie Greg Johnson von Counter-Currents, bleiben  durchaus nachvollziehbar  weiterhin gesperrt oder wurden erneut blockiert.

Die unkritische Bewunderung vieler Zeitgenossen für Tech-Tycoons, die entweder der Trump-Administration angehören, wie Elon Musk, oder ihr nahestehen, wie Peter Thiel (ehemaliger Chef von J.D. Vance) oder Marc Andreessen (ehemaliger Chef von Sriram Krishan), erweist sich letztlich als naiv, wo diese gezielt - mit dieser Verpflechtung von Wirtschaft, Information und politischer Macht - ihre eigene Agenda vorantreiben. Dazu zählen die Deregulierung der Märkte, die Förderung disruptiver Technologien, etwa in der Raumfahrt, bei Kryptowährungen und der künstlichen Intelligenz (KI), die Investition in ganzheitliche Sicherheitslösungen sowie die Verschmelzung von Mensch und Maschine. Insbesondere Elon Musks unternehmerisches Handeln ist nicht mit einem altruistischen Einsatz für Meinungsfreiheit gleichzusetzen. Zwar stimmen seine Interessen in vielen Bereichen mit denen einer breiten Öffentlichkeit überein, seine Leistungen sind zweifelos außergewöhnlich. Doch wer Elon Musk als eine Art Heilsbringer idealisiert, läuft womöglich Gefahr, sich in eine problematische Abhängigkeit von oligarchischen Ambitionen zu begeben.


P.S.: Zum Titel – Götzen-Dämmerung oder Wie man mit dem Hammer philosophirt ist ein Werk von Friedrich Nietzsche, das auf Richard Wagners Oper Götterdämmerung anspielt. Nietzsche bezeichnet „Götzen“ als das, was bisher als Wahrheit galt, und deutet mit der Metapher der Dämmerung auf deren Ende hin: „Götzen-Dämmerung – auf deutsch: Es geht zu Ende mit der alten Wahrheit …“. - Die Plattformökonomie serviert Meinungsfreiheit à la Carte.